Neuzeit - Bedeutung des Bieres als Handelsgut

Während das Bier im Früh- und Hochmittelalter noch vorwiegend in Klöstern gebraut wurde, verlagerte sich die Bierherstellung an der Schwelle zur Neuzeit zunehmend auf kleine, überwiegend städtische Familienunternehmen. Meistens beschäftigten diese kleinen Brauereien nicht mehr einige Personen, und interessanterweise standen nicht selten Frauen den Brauereien vor. Die gewerbliche Bedeutung dieser Kleinbrauereien beruhte vor allem auf ihre große Anzahl. Beispielsweise in Hamburg produzierten im Jahr 1376 nicht weniger als 457 Brauereien Bier, und in vielen Gemeinden wurden die Brauereien im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts zur wichtigsten Finanzquelle der städtischen Wirtschaft.

Auch die Klosterbrauereien brauten das Bier nicht mehr ausschließlich für den Eigenbedarf. Nachdem die Mönche das Recht erhalten hatten, ihr Klosterbier gewerblich zu vertreiben, hatten sich die klösterlichen Brauereien vielmehr zu gewinnbringenden und für die Klosterwirtschaft wichtigen Betrieben entwickelt. So standen die bürgerlich-städtischen Kleinbrauereien und die Klosterbetriebe in einer scharfen Konkurrenz gegeneinander - zumal die Klosterbiere dank der Braukunst der Mönche meistens besonders gut und deshalb auch entsprechend beliebt waren. Im Interesse der weltlichen Obrigkeit war selbstverständlich, dass die biertrinkende Kundschaft kein fremdes Bier konsumierte, für das man keine Steuern einziehen konnte. Dies war vor allem beim Klosterbier der Fall: Während die bürgerlich betriebenen Brauereien durch Abgaben und Steuern reichlich Geld in die Kassen der Fürsten brachte, blieben die Einnahmen der Klosterbrauereien bei den Klöstern selbst. Aus diesem Grund lag es im Interesse der weltlichen Macht, die gewerbliche Produktion des Klosterbieres zu unterbinden, und so erließen viele Landesfürsten bereits ab dem 15. Jahrhundert Verbote des öffentlichen Verkaufs vom Klosterbier sowie der Führung von klösterlichen Bierschenken. Spätestens ab dem Jahr 1803 führte die Säkularisation zum endgültigen Niedergang der Klosterbrauereien. So gibt es heute nur noch wenige Klosterbrauereien; die bekanntesten darunter sind die beiden Benediktinerabteien, das Kloster Andechs bei München sowie das Kloster Ettal bei Oberammergau in Oberbayern.

Aus der frühen Neuzeit stammt aber nicht nur die starke Besteuerung des Bieres und somit die fiskalische Bedeutung des Bierbrauens und -konsums, sondern auch das älteste noch gültige Lebensmittelgesetz der Welt, das bayerische bzw. deutsche Reinheitsgebot von 1516. Die bayerische Landesordnung von 1516 wurde von den damaligen bayerischen Herzögen Wilhelm IV. und Ludwig X. erlassen und legte unter anderem die Inhaltsstoffe für Bier ausschließlich Gerstenmalz, Hopfen und Wasser fest. Eine ähnliche Regelung war auch das vom Kölner Stadtrat bereits im Jahr 1429 verordneter Erlass über die Zutaten eines reinen Bieres, das nun erlassene Reinheitsgebot hatte jedoch einen noch breiteren Wirkungsraum. Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wurde dann auch das Weizenmalz zu den Grundzutaten des nach dem Reinheitsgebot gebrauten Bieres mit aufgenommen.

Hier weiterlesen zum Thema Die industrialisierung des Braugewerbes